Emanzipation: Fairer Unisex-Deal statt Geschlechterkampf
Emanzipation ist weiblich und Frauensache – so die die gängige und gewachsene Vorstellung im öffentlichen Bewusstsein. Seitdem sich die Frauen aber weitestgehend emanzipiert haben und selbst die Restbestände an Ungleichbehandlung (wie z.B. bei den Löhnen und Gehältern) nichts an ihrem Selbstbild als selbstbestimmte Gestalterinnen ihres Lebens ändern, hat der verbissene Geschlechterkampf ausgedient. Tatsächlich sind es inzwischen die Männer, die Unterstützung im Kampf mit der neuen, undogmatischen Emanzipationskultur der Frauen brauchen – und bekommen. Es geht um neue faire Unisex-Deals auf Augenhöhe zwischen beiden Geschlechtern.
Es gibt Erkenntnisklassiker, die auch nach Jahren nichts an Aktualität verloren haben. Dazu gehört das Buch „Wir Alphamädchen“(1), in dem so pointiert wie selten zuvor mit den traditionellen Emanzipationsidealen von Alice Schwarzer gebrochen wird: statt Bekämpfung der Männer wurde eine neue Kultivierung der geschlechtsbedingten Unterschiede propagiert. Hier die wichtigsten Zitate:
„Wir wollen die Männer nicht als unsere Gegner, sondern als unsere Verbündeten.“
„Wir sollten Unterschiede zwischen Frauen und Männern einfach als natürliche Vielfalt sehen.“
„Wir wollen nicht gegen unsere Männer kämpfen, im Gegenteil: Indem wir Feministinnen sind, kämpfen wir für sie mit. Und weil wir gemeinsam mutiger und stärker sind, müssen wir den Jungs in unserem Leben – Freunden, Brüdern und Partnern – klarmachen, dass wir sie dabeihaben wollen und warum Feminismus auch für sie gut ist.“
Einziges Problem: dieses neue post-feministische Leitbild, das die Männer umarmt statt sie zu bekämpfen, irritiert und verunsichert sie; sie waren in den letzten 40 Jahren feministische Angriffe auf ihre Vorherrschaft gewohnt und sehen sich nun einem „Female Empowerment“ gegenüber, das typisch männliche Attribute kritisch relativiert.
Das Ergebnis: viele Männer befinden sich immer noch auf einer schwierigen Rollensuche in zwei anstrengenden Spannungsfeldern:
1) Auf der einen Seite der Zwang, sich als Frauenversteher (= politisch korrektes Vorbild) zu profilieren, auf der anderen Seite die ungebremste Sehnsucht, männliche Macho-Träume auszuleben, die ja (siehe Typen wie Bohlen) durchaus auch erfolgreich sind.
2) Auf der einen Seite Zwang zur Perfektion (beruflicher Erfolg, tolle Frau haben etc.), auf der anderen Seite männlicher Spaß am Sich-gehen-lassen bis hin zur Kultivierung von Schlamperei, Grölerei (Motto: Männer dürfen das!)
In diesen Spannungsfeldern suchen Männer nach neuen, fairen Arrangements mit ihren Frauen, die ihnen Raum für das typisch Männliche lassen und ihnen gleichzeitig selbstbewusst ein tatkräftiges Commitment in Bezug auf die gemeinsamen Ziele abverlangen; es geht um einen entspannteren Umgang der Geschlechter untereinander, um gemeinsame Anstrengungen für eine erfolgreiche Alltags- und Lebensbewältigung und um die Einbindung von Männern in den Kampf gegen andauernde Ungleichbehandlungen von Frauen bei der Positionen und Bezahlung im Beruf.
Am Ende profitieren davon beide: Emanzipation wird zur fairen Win-Win-Situation für Frauen und Männer. Und damit zur Basis für eine glückliche Beziehung.
(1) M. Haaf, S. Klingner, B. Streidl, Blanvalet Verlag, Juli 2009