Was eine erfolgreiche Karriereplanung mit Fairness zu tun hat

Was eine erfolgreiche Karriereplanung mit Fairness zu tun hat

Wer zielstrebig Karriere machen will, stellt sich in der Regel auf Ellenbogenkämpfe und Stressattacken, aber nicht auf Fairness-Diskussionen ein. Denn seit Generationen wird Karrierewilligen eingetrichtert, dass rücksichtsloser Selbstbezug und skrupellose Ausschaltung potenzieller Konkurrenten unerlässlich für den Erfolg sind. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse der Positiven Psychologie räumen mit diesem alten Denken auf und stellen ihm 7 neue Erfolgsfaktoren einer nachhaltigen Karriereplanung entgegen. Ihr positives Nebenprodukt: mehr Fairness im Job.

Im Folgenden werden die 7 neuen Erfolgsfaktoren einer nachhaltigen Karriereplanung kurz erläutert und hinsichtlich ihres Beitrags zu mehr Fairness im Job kommentiert.

Viele ambitionierte Manager treiben sich selbst so lange in einen regelrechten Stresswahn, bis sie schließlich chronisch gestresst und krank sind. Sie folgen der Überzeugung, dass Stress und Übersteuerung unvermeidbar sind, wenn man erfolgreich sein will, und sie akzeptieren die damit verbundenen Leiden geradezu als notwendig auf dem Weg nach oben.

Neue Erkenntnisse der Positiven Psychologie interpretieren den Effekt von Stress weitaus zerstörerischer (1): er sei das Ergebnis der (Selbst-)Erkenntnis, für die Bewältigung großer Herausforderungen zu geringe Ressourcen zu haben. Die Alternative liegt darin, den persönlichen Ehrgeiz auf das zu fokussieren, was ein gut dosierter und nachhaltiger Einsatz der eigenen Kapazitäten hergibt – also kein Verzicht auf große Ambitionen, sondern ihre Anpassung an das tatsächliche Energie- und Leistungspotenzial.

Die Auseinandersetzung mit den eigenen Grenzen führt automatisch auch zu einer größeren Toleranz für die Leistungsgrenzen von Mitarbeitern und Kollegen. Das verhindert Überforderung und begünstigt ein faires Arbeitsklima, das die tatsächlichen Talente und Potenziale erkennt, schützt und weiterentwickelt.

Die Idealisierung von Stress als vermeintliches Statusmerkmal der Erfolgreichen führt zur Sabotage der eigenen Regeneration. Deshalb sind die Erholungsinstinkte bei chronisch Stressgeplagten regelrecht degeneriert, was schließlich zu verdrängten Erschöpfungssyndromen führt. Das liegt nicht nur an der permanenten Überdrehung der eigenen Ressourcen, sondern auch an dem negativen Stimmungseffekt von Stress.

Regeneration ist jedoch unerlässlich, um die eigene Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit zu erhalten: je schneller die Erholung, desto stärker Ausdauer und Standfestigkeit, die für die Bewältigung alltäglicher Probleme und Krisen erforderlich sind (2). Denn nachhaltig erfolgreiche Menschen erkennt man nicht an ihrem geringen Regenerationsbedarf, sondern an ihrer ausgeprägten, lernbaren Fähigkeit zur schnellen Regeneration, die die eigenen Ressourcen schützt und erhält.

Die gezielte Förderung der eigenen Erholung und die der Mitarbeiter ist also für den Gesamterfolg zwingend notwendig. Gleichzeitig ist das ein wichtiger Beitrag zur Fairness im Umgang miteinander, denn wer die Leistungskraft des gesamten Teams in ihrer Substanz schützt statt sie zu verheizen, erhöht die Chancen auf nachhaltigen Erfolg für alle.

Fleiß und höchste Konzentration sind für die meisten Karriereplaner die höchsten Tugenden: mit dem unablässigen Einsatz aller Kräfte wird der eigene Erfolg geradezu erzwungen. Dieser weithin verinnerlichte Mythos ist gleichzeitig die Basis von Ausbeutungsstrategien der Unternehmen, die im Extremfall zu erschreckenden Burnout-Quoten unter den Mitarbeitern führen.

Fleiß, Entschlossenheit und Selbstdisziplin sind auch für die Glücksforscher der Positiven Psychologie entscheidend für die Erreichung von ambitionierten Zielen – aber nur, wenn sie das kreative Potenzial nicht zuschütten; denn Kreativität ist laut einer weltweiten IBM-Studie unter 1.500 CEOs aus 60 Ländern und 13 Branchen das wichtigste Kapital von Mitarbeitern – wichtiger noch als Durchsetzungsfähigkeit, Managementqualitäten, Disziplin, Vision und Integrität (3). Kreativität aber erfordert auch Müßiggang, Tagträume und vor allem divergente Gedankenspiele.

Deshalb macht es Sinn, Müßiggang gezielt zu trainieren, und zwar sowohl alleine als auch im Team. Die Vehikel: sinnlose Tätigkeiten, Zeit für Stillstand und Stille sowie Spaß und Ausgelassenheit. Eine solche Führungskultur im Spannungsfeld zwischen Hochleistung und kreativen Pausen führt zu einem fairen Interessenausgleich unter allen Beteiligten, weil sie beides begünstigt: den unternehmerischen Erfolg durch Kreativität und persönliches Wohlbefinden durch eine bessere Work-Rest-Balance auf Seiten der Mitarbeiter.

Viele Führungskräfte sind stark auf sich selbst fokussiert und nehmen ihre kollegiale Umgebung primär als Abgrenzungsobjekt wahr: sie oben, der Rest darunter.Tatsächlich beweisen wissenschaftliche Untersuchungen (4), dass ein solches Verhalten nach hinten losgeht und Erfolg eher verhindert. Dafür gibt es 3 Gründe:
– Menschen mit hoher narzisstischer Ausprägung haben gleichzeitig ein hohes Aggressionspotenzial und eine kontraproduktive Arbeitsweise.
– Ein zu starker Selbstbezug trübt den Blick für eigene Schwächen und führt in der Folge dazu, Risiken falsch einzuschätzen bzw. zu große Risiken einzugehen.
– Die permanenten Drehungen um die eigene Achse zerstören Beziehungen, weil sie bei anderen Angst und Frustration erzeugen, was schließlich deren Loyalität untergräbt.

An die Stelle von Selbstbezug sollte deshalb besser das eigene Charisma als Erfolgsvehikel treten, das im Wesentlichen auf 3 Faktoren stützt (5):
– Präsenz durch Aufmerksamkeit und Zuhören
– Macht im Sinne eines erkennbaren Einflusses auf die Welt um einen herum
– Wärme und Empathie im Umgang miteinander

Alle 3 Faktoren zusammen begünstigen ein faires Klima im Team, weil den Mitarbeitern Respekt und Zugewandtheit gezollt wird: sie finden Gehör und Unterstützung statt Deklassierung. Im Gegenzug sind sie loyaler und leistungswilliger – eine klassische Win-Win-Situation.

Das Bewusstsein von Karrierewilligen ist in der Regel von einer starken Zukunftsausrichtung geprägt: ihre Gedanken kreisen ständig um die nächsten Aufgaben, die nächsten Konferenzen, die nächsten Top-Leistungen. Amerikanische Studien zeigen jedoch, dass diese auf die Zukunft gerichtete Jagd nach Erfolg erhebliche schädliche Nebenwirkungen hat, wenn sie nicht sinnvoll dosiert wird (6); negative Effekte ergeben sich vor allem für die Gesundheit (Burnout, Erschöpfung, Entpersönlichung), für die Arbeitsproduktivität und für Beziehungen.

Das Gegenmittel heißt: Re-Fokussierung auf die Gegenwart. Die volle Konzentration auf die gerade anstehende Aufgabe
– macht produktiver und glücklicher
– führt zu Flow-Erlebnissen, die ein elementarer Bestandteil eines gelingenden Lebens sind
– steigert das persönliche Charisma.

Es ist deshalb nur fair, das Leben & Arbeiten im Heute auch bei den Mitarbeitern zu fördern, weil das auch ihre Chancen auf Erfolg und Glück erhöht. Das wiederum begünstigt den geschäftlichen Erfolg ihrer Teams und schließlich des Chefs.

Viele Karriereplaner folgen der Überzeugung, es sei besser, ihre Stärken zu stärken als Schwächen zu beheben. Die Tücken dieser „Strengths only“-Strategie liegen in ihren Limitierungen für den persönlichen Horizont und Wissensstand und sie blockieren eine weitere wichtige Eigenschaft: die Fähigkeit zu konstruktiver Selbstkritik. Sie entsteht vor allem dann, wenn die Erfahrung von Misserfolg bei der Bewältigung neuer, bislang unbekannter Herausforderungen gemacht wird – je kritischer wir in solchen Fällen auch unsere Schwächen erkennen, desto gezielter können wir sie beheben und neue Potenziale entfalten.

Wer für sich selbst erkennt, dass die Identifizierung eigener Schwächen für den Erfolg genauso wichtig ist wie das Bewusstsein für die persönlichen Stärken, bewertet auch seine Mitarbeiter aus dieser doppelten Perspektive. Das ergibt eine faire weil ausgeglichenere Gesamtwürdigung und führt zu neuen Chancen, wenn die erkannten Schwächen in neue Lernziele überführt werden.

Der vorherrschende Glaube unter ambitionierten Karrieristen: Glück ist das Ergebnis von finanziellem Erfolg als Ergebnis eines unbegrenzten Leistungseinsatzes. Jahrelange Forschungen und Studien haben inzwischen gezeigt, dass diese gängige Erfolgstheorien überholt, weil kontraproduktiv ist: die permanente Überdrehung des eigenen Einsatzes
– beeinträchtigt die Fähigkeit, sich mit anderen zu verbinden und erfolgreiche Teams zu bilden
– hemmt die Kreativität
– verschwendet Energie
– verhindert eine bestmögliche Leistungsfähigkeit
– schwächt die Widerstandsfähigkeit in Fall von Scheitern oder neuen Herausforderungen

Das neue Credo der Positiven Psychologen lautet deshalb: Glück und Wohlbefinden sind nicht das Ergebnis, sondern die Voraussetzung von Erfolg; Begründung: „Happiness“
– steigert die emotionale und soziale Intelligenz
– erhöht die Produktivität
– stärkt den Einfluss auf Kollegen
– trägt dazu bei, selbst in intensiven Stresssituationen gesund zu bleiben (besonders in Bezug auf das Herz-Kreislauf-System)
– maximiert Widerstandsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Produktivität und Charisma.

Die Unternehmen und Chefs können dazu beitragen, indem sie vor allem eine befriedigende Work-Life-Balance ermöglichen. Eine faire Balance zwischen beruflichem Engagement und privatem Wohlbefinden ist der Schlüssel zu mehr Erfolg im Team und auf der Führungsebene.


(1) Emma Seppälä, THE HAPPINESS TRACK, HarperOne 2016, S. 40
(2) Martin Seligman, FLOURISH, Kösel-Verlag 2014, S. 126
(3) IBM 2010 Global CEO Study, press release, IBM, May 18, 32010, http://www-03.ibm.com/press/us/en/pressrelese/31670.wss.
(4) Emma Seppälä, THE HAPPINESS TRACK, HarperOne 2016, S. 142 ff
(5) Olivia Fox Cabane, THE CHARISMA MYTH, Penguin Group 2012, S. 13 ff
(6) Malissa A. Clark und Boris Baltes, „All Work and No Play?”, Journal of Management, 2014, advanced online publication, DOI:10.1177/0149206314522301

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